Fast jeder Gründer steht irgendwann vor der Frage: „Was ist mein Unternehmen eigentlich wert?“ Insbesondere bei Gesprächen mit potenziellen Investoren oder vor einem Exit ist der Unternehmenswert eine wichtige Größe. Doch welche Möglichkeiten habe ich, diesen zu bestimmen? Im folgenden Artikel möchten wir euch einen Überblick über die verbreitetsten Methoden geben.
DCF-Methode (Discounted-Cash-Flow-Methode)
Die DCF-Methode ist den meisten zumindest namentlich bekannt. Bei dieser Methode wird der zukünftig erwartete Cash-Flow mit einem Risikofaktor abgezinst. Die Methode suggeriert jedoch eine gewisse Scheingenauigkeit, da sie darauf basiert, den Cash-Flow in der Zukunft genau bestimmen zu können.

Den zukünftigen Cash-Flow mit Hilfe einer Finanzplanung zu prognostizieren ist nicht einfach und zudem mit zahlreichen Ungewissheiten verbunden. Zudem ist ein Risikozinssatz zu bestimmen. Dieser ist unter anderem vom individuellen Risikoempfinden des Betrachters zu dem jeweiligen Projekt abhängig. Gründer und Investor haben hier häufig sehr unterschiedliche Einschätzungen!
Daher ist diese Methode insgesamt eher für Unternehmen mit mehrjähriger Historie geeignet, bei denen im Cash-Flow eine relativ konstante Entwicklung aus den vergangenen Jahren abgeleitet werden kann.
Differenzierter Vergleich
Der Differenzierte Vergleich klingt erst einmal verlockend, denn es stellt sich die Frage „Was wurde sonst am Markt bezahlt?“ Hierzu werden verschiedene Transaktionen, die dem eigenen Geschäftsmodell ähnlich sind, über Datenbanken z.B. CrunchBase oder Gründerszene herausgesucht. Diese Methode ist für „alt bewährte“ Geschäftsmodelle geeignet, bei denen sich die Parameter (Status der Entwicklung, Infrastruktur, Kundenzahl usw.) gut vergleichen lassen und eine ausreichende Anzahl an Transaktionen (Verkäufen) bekannt ist.
Bei Start-ups eignet sich diese Methode eher nicht, da die Ideen in der Regel neu und damit keine vergleichbaren Produkte am Markt zu finden sind. Selbst Copy-Cats von Online-Modellen sind häufig hinsichtlich ihrer Parameter zu unterschiedlich, um auf die gleiche Unternehmensbewertung zu kommen.
Wertbestimmung durch Markt
Die Dritte Methode, die wir euch vorstellen möchten, klingt einfacher als sie ist: „Was wäre ein Käufer am Markt bereit zu zahlen?“
Bei dieser Methode werden die Idee und der Finanzplan des Startups bei mehreren Finanziers am Markt angeboten, diese geben dann auf Grund ihrer Erfahrung verschiedene Angebote ab.
Deshalb ist diese Methode eine der fairsten Bewertungsmethoden, jedoch benötigt man zeitliche, personelle und letztendlich auch finanzielle Ressourcen, um seine Idee zu präsentieren. Des Weiteren ist es schwer, wirklich viele Finanzierungspartner zu finden, die sich eine Finanzierung vorstellen können und deshalb überhaupt eine Bewertung abgeben. Hier spielt der Zeitfaktor eine wichtige Rolle. Je nötiger man das Geld braucht, desto weniger Zeit besteht, die fehlenden Mittel zu erhalten. Zudem beziehen sich die erzielten Werte wiederum auf die bereits genannten Methoden und können daher extrem auseinanderfallen.
Die VC-Methode (Venture Capital-Methode)
Bei der Venture-Capital-Methode wird die Frage gestellt: „Welches Potenzial hat die Idee?“ Häufig wird hier die Überlegung voran gestellt, dass auch der Gründer daran interessiert ist, sein Unternehmen im Erfolgsfall für einen entsprechenden Preis zu verkaufen (Exit). Darauf aufbauend wird sich meist der prognostizierte EBIT in einer bestimmten Periode (z.B. letztes Jahr einer 3-Jahres-Planung) angesehen und mit einem branchenspezifischen Multiple versehen. Das Ergebnis wird wiederum mit einem individuellen Risikozinssatz auf den jeweiligen Anlagehorizont abgezinst. Das Finance Magazin veröffentlicht diese Multiples beispielsweise monatlich (http://www.finance-magazin.de/research/multiples/) zu diversen Branchen.
Zudem besteht die Möglichkeit, die Verwässerung aufgrund weiterer Finanzierungsrunden und die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Exits zu berücksichtigen um so einen passenden Multiple bzw. Risikozins bestimmen zu können.
Durch die individuelle Ausgestaltungsmöglichkeit ist diese Methode für Unternehmen in allen Stadien geeignet. Trotzdem können auch bei der Anwendung dieser Methode sehr unterschiedliche Ergebnisse heraus kommen. Dies liegt, wie schon beim DCF, an dem individuellen Risikoempfinden des Betrachters zu dem jeweiligen Projekt.
Fazit
Als Fazit können wir euch auf den Weg geben, dass es bei Unternehmensbewertungen nicht den einen konkreten Wert gibt. Ausgangspunkt sollte immer zuerst folgende Überlegung sein: Wie viel % meiner Firma bin ich bereit für das benötigte Kapital abzugeben? Wenn ein Gründer 200T€ benötigt und im Gegenzug bereit wäre 25% seines Unternehmens abzugeben, entspricht dies einer Post-money Bewertung von 800T€. (=200T€/25%)
Der Rest ist Verhandlungssache!
Am Beispiel der VC-Methode können folgende Einflussfaktoren festgehalten werden:
Multiple – Für den Gründer nicht zu beeinflussen. Es gibt branchenspezifische Einschätzungen der realisierbaren Exit-Multiples, die herangezogen werden. Über diese sollte sich informiert werden, um nicht mit falschen Vorstellungen in die Verhandlung zu starten.
Risikozinssatz – Ebenfalls kaum durch den Gründer zu beeinflussen. Abhängig von der Einschätzung der Idee an sich, des Marktes und des Teams werden verschiedene Ausfallwahrscheinlichkeiten bestimmt Dabei gilt zugleich: Je früher die Unternehmensphase, desto größer in der Regel das Ausfallrisiko. Wer so ein hohes Risiko eingeht, wird eine entsprechende Rendite für sein Investment erwarten. Dies ist gleichzusetzen mit einem hohen Anteil am Unternehmen bzw. mit einer eher niedrigen Bewertung zum heutigen Zeitpunkt.
EBIT – Wichtigstes Argument für die Verhandlungen ist eine vollständige, durchdachte und aussagekräftige Finanzplanung für den geforderten Zeitraum. Wer hier die Vorbereitung schleifen lässt, wird entweder für ein Investment gar nicht erst in Betracht gezogen oder stellt sich selbst bei der Unternehmensbewertung schlechter! Welche Annahmen gehen in meine Planung ein? Welche Conversion-Rate ist realistisch? Welche wiederkehrenden Umsätze sind zu erwarten? Welche Customer Lifetime hat mein Geschäftsmodell? Eine kritische Analyse der Zahlen ist der Standard und bietet erfahrungsgemäß viel „Angriffsfläche“ bei der Verhandlung.
Wer die beschriebenen Punkte beachtet und sich neben der Geschäftsidee auch mit Finanzplanung vertraut macht oder auf professionellen Partner zurückgreift ist für eine bessere Verhandlungsposition in der nächsten Finanzierungsrunde gerüstet.