Gerade in der Startup-Phase, in der Organisationsstrukturen noch nicht klar definiert sind und die Aufgabenverteilung häufig auf der „Streichholztaktik“ basiert, ist es wichtig, sein Controlling im Blick zu behalten. Einige Gründer werden bei diesem Thema sagen: „Wir haben schon Kennzahlen, die wir überwachen, das reicht doch aus“, dem sei entgegengesetzt, dass die Erfassung von Kennzahlen nur ein Baustein einer guten Unternehmenssteuerung ist. Was noch dazugehört und worauf man achten sollte, erklären wir euch in diesem Artikel.
Unternehmenssteuerung als Herausforderung in der Praxis
Viele Unternehmer – ob Startup oder Mittelstand – sind sich bewusst, dass Sie für den langfristigen Erfolg Ihrer Firma ein Steuerungselement benötigen. Daher erleben wir in unserem Arbeitsalltag immer wieder, dass Kennzahlen definiert und zu einem Dashboard zusammengefasst werden. Dashboards sind geeignet, um einzelne Kennzahlen eines Unternehmens übersichtlich darzustellen und so den schnellen Überblick über die aktuelle Situation zu behalten. Sie stellen bei vielen Unternehmen jedoch meist eine stichtagsbezogene Betrachtung der einmalig festgelegten Ziele dar und berücksichtigen oft überwiegend Vergangenheitswerte.
Bei der Auswahl der Kennzahlen wird zudem häufig der Gesamtzusammenhang aus dem Blick verloren. Kennzahlen beeinflussen sowohl das Gesamtziel, als auch sich untereinander. Für eine sinnvolle Definition müssen also die Einflussbeziehungen bekannt sein. Die beste Basis hierfür bildet eine integrierte Finanzplanung, in der alle Variablen miteinander verknüpft sind. Beispiel: Eine Änderung bei der Anzahl der generierten Leads im Vertrieb hat auch eine Auswirkung in der Liquidität in sechs Monaten. Die Abhängigkeiten und Auswirkungen werden nachvollziehbar gemacht. Nur so können auch die zukünftig zu erwartenden Kennzahlenwerte bestimmt und bewertet werden.
Stellt man sich den Unternehmer als Fahrer eines Fahrzeuges vor, dessen Fahrziel der nachhaltige Erfolg der Firma ist, stellen die vergangenheitsbezogenen Kennzahlen in dieser Metapher den Rückspiegel dar. Jedem sollte jedoch klar sein, dass eine sichere Fahrt nicht allein durch den Blick zurück zu bewältigen ist. Um den Weg voraus klar bestimmen zu können, benötigt der Fahrer zusätzliche Informationen zur Verkehrslage, dem Wetter und seinem Fahrzeug. Im Controlling umfasst dies zum Bespiel die Einschätzung zur zukünftigen Markt- und Wettbewerbssituation oder den verfügbaren liquiden Mittel des Unternehmens in den kommenden Monaten. Da diese Parameter wiederum von den aktuellsten Entwicklungen des Unternehmens abhängen, bietet es sich an jeden Monat eine rollierende Planung für die kommenden Monate aufzusetzen (z.B. in Form eines rollierenden 12-Monats-Forecasts). Somit können eine laufende „Kontrolle“ des Weges, auf dem sich das Unternehmen befindet, erfolgen und sinnvolle Zielvorgaben für die zukünftigen Kennzahlen abgeleitet werden.
Anhand eines vereinfachten Beispiels möchten wir verdeutlichen, dass durch eine reine Kennzahlenbetrachtung ohne Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge oft nicht die ganze Wahrheit über die Unternehmensentwicklung aufgezeigt wird:
Die Kennzahlen bilden einen Rückgang der Umsätze im letzten Monat um 10% ab. Eine mögliche Schlussfolgerung wäre, die Marketingkosten zu erhöhen, um neue Kunden zu gewinnen und das Delta auszugleichen. Was das Dashboard leider nicht aussagt ist, dass für den Rückgang zwei Großkunden verantwortlich sind, die unzufrieden mit der Abwicklung der letzten Bestellung waren. Die richtige Maßnahme wäre daher die Überprüfung der Prozesse und die direkte Ansprache der Verantwortlichen, um die Kunden zufrieden zu stellen und das Auftragsvolumen wieder zu erhöhen.
Ein ganzheitliches Controlling als sinnvoller Ausgangspunkt
Wie beschrieben ist der Blick auf das große Ganze für eine nachhaltige Unternehmenssteuerung unerlässlich. Dies ist die Zielsetzung eines ganzheitlichen Controllings.
Beim Controlling handelt sich um einen Kreislauf. Das Ziel ist die fortlaufende Planung, Steuerung und Kontrolle, um alle Chancen und Risiken zu erkennen, entsprechende Maßnahmen einzuleiten und deren Erfolg überprüfen zu können. Da es sich hierbei um komplexe Zusammenhänge handelt, sollten die entsprechenden Strukturen von Anfang an nachvollziehbar und klar strukturiert sein. Es gilt der Grundsatz: Keep it short and simple!

Sind diese Voraussetzungen geschaffen, lassen sich für die kurzfristige Informationsbereitstellung sinnvolle Kennzahlen des Unternehmens ableiten und im richtigen Zusammenhang betrachten.
Ausgehend vom Beispiel eines Restaurants könnten auf Basis einer integrierten Finanzplanung folgende Fragestellungen als relevant identifiziert werden:
• Wie hoch ist der prozentuale Wareneinsatz bei Speisen und Getränken? Der Verkaufspreis eines Produktes abzüglich des Wareneinsatzes ergibt den Rohgewinn, von dem alle weiteren Kosten wie Personal, Miete, Werbung etc. bezahlt werden müssen. Ist der Wareneinsatz zu hoch, erwirtschaftet der Gastwirt keinen Gewinn oder macht sogar Verluste.
• In welchem Verhältnis werden Getränke und Speisen verkauft? In der Regel ist der Rohgewinn bei Getränken höher. Daher kann eine aktive Beeinflussung des Verhältnisses im Verkauf große Auswirkungen auf den Gewinn haben.
• Welchen Wert hat das Warenlager im Durchschnitt? Es müssen ausreichend Waren vorgehalten werden, um die Nachfrage der Kunden abdecken zu können. Gleichzeitig bedeutet ein großer Lagerbestand auch viel gebundenes Kapital und das Risiko, dass Waren verderben.
• Wie hoch sind meine Personalkosten im Verhältnis zum Umsatz? Da die Personalkosten neben dem Wareneinsatz häufig den größten Kostenblock bilden, sind diese ein wichtiger Einflussfaktor auf den Gewinn.
• Wie hoch ist die Auslastung? Bleiben ein bestimmter Wochentag oder eine Tageszeit immer hinter den Erwartungen zurück, kann über gezielte Marketingaktionen oder auch die Schließung des Restaurants zu diesen Zeiten nachgedacht werden.
Diese Fragestellungen entsprechen den Kennzahlen, die der Gastwirt sowohl kurzfristig überprüfen, als auch rollierend im 12-Monats-Forecast planen kann und die dann in eine Ergebnis-, Liquiditäts- und Bilanzplanung resultieren.
Kennzahlen-Darstellung mit Hilfe von Dashboards
Dashboards stellen die Kennzahlen intuitiv und übersichtlich dar, es können je nach Anbieter auch Realtime Daten eingebunden und somit kurzfristige Anpassungen eingefügt werden. Die Darstellungen der Informationen sind standardisiert.
Bei Dashboards gibt es verschiedene Varianten:
• Einfache Dashboards sind beispielsweise Google Analytics oder der Statistikbereich auf Facebook. Die Besonderheit dieser Boards ist, dass sie direkt von den jeweiligen Datenprovidern zu Verfügung gestellt werden.
• Eine andere Form von Dashboards sind die Plattform- und Datenanbieter übergreifenden Lösungen. Die Dashboards von Anbietern wie z.B. Geckoboard oder Klipfolio bieten die Möglichkeit, Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen und einheitlich auszuwerten. Mit diesen Daten können beispielsweise verschiedene Nutzergruppen analysiert werden.
• Da die Finanzkraft bei jungen Unternehmen noch nicht so stark ausgebildet ist, gibt es auch kostenfreie OpenSource Lösungen wie z.B. OpenStack oder Freeboard. Diese sind in Funktionalität und Design den kommerziellen Varianten unterlegen, bieten aber einen guten Einblick in die Arbeit mit Dashboards.
• Es besteht zudem die Möglichkeit ein individuelles Dashboard in Excel oder aus einer genutzten Controlling-Software zu erstellen. Der klare Vorteil ist hier die Flexibilität und die Möglichkeit der Verknüpfung mit der rollierenden Planung.
Das Dashboard von Geckoboard
Das Dashboard von Freeboard
Zu empfehlen sind insbesondere Lösungen die eine Schnittstelle zur rollierenden Planung bieten. Müssen neue Planwerte händisch in ein Dashboard übertragen werden ist dies unflexibel, zeitaufwendig und fehleranfällig.
Franz Poike, Controlling, Mail: f.poike@kernaussagen.de
Monika Loschek, Controlling, Mail: m.loschek@kernaussagen.de