„Ein Praktikum bei einem Start-up bedeutet anpacken und schnell Verantwortung übernehmen. Wir können es uns gar nicht leisten, jemanden für’s Kaffee kochen zu bezahlen.“
Maria Spilka – Gründerin von Mädchenflohmarkt.de
(http://www.gruenderszene.de/allgemein/mindestlohn-praktika)

Seit dem 01. Januar 2015 ist der flächendeckende Mindestlohn aktiv und das erste Vorhaben die „Generation Praktikum“ zu beenden eingeleitet. Diese etwas überspitzte Darstellung soll verdeutlichen, dass es unserer Meinung nach zu einem Umbruch in der Startup-Branche bezüglich der Einstellung von Praktikanten kommen wird. Während große Konzerne sich weiterhin Praktikanten in der gleichen Häufigkeit „leisten“ können, haben Startups meist nicht die finanziellen Mittel, auf eine solch enorme Veränderung angemessen reagieren zu können. Für Startups und junge Unternehmen werden Praktikanten zu teuren Investitionen.
Wir möchten hierbei nicht sagen, dass wir es gutheißen, dass Praktikanten zu Schleuderpreisen die gleiche Arbeit liefern sollen wie Vollzeitbeschäftige, jedoch beschreibt es Florian Nöll in seinem Blog sehr treffend: „Was ich der Bundesregierung vorwerfe, ist, dass sie die Ausbildungsleistung nicht anerkennt, die unsere Unternehmen in der digitalen Wirtschaft im Rahmen von Praktika erbringen. Praktikanten in Startups sind die Auszubildenden der digitalen Wirtschaft.“ Ein Praktikum kann als ausbildungsähnliches Verhältnis für Studenten betrachtet werden, und Auszubildende sind vom Mindestlohn ausgeschlossen.
Junge Unternehmen müssen deshalb gut überlegen, ob sie einen Praktikanten einstellen oder die Stelle unbesetzt lassen und sich selbst weitere Überstunden zumuten. Praktikanten werden zu Investitionsobjekten, so dass Startups kalkulieren müssen, ob sich die Investition lohnt oder nicht. Eine Fehlkalkulation kann fatale Folgen haben.
Florian Nöll beschreibt weiterhin: „…, [von] jenen Konzernen „mit der besten Rechtsabteilung der Welt“, hört man abenteuerliche Umgehungsmodelle, die wahrscheinlich überhaupt nicht oder nicht lange funktionieren werden. Aber man kann es ja einmal probieren, wenn man das Geld dazu hat. Unsere Startups haben das Geld für Rechtsexperimente sicher nicht.“
Wir haben Rechtsanwalt Christian Krösch von der Kanzlei Schenk Lechleitner Krösch gefragt, welche Chancen es gibt, dass Studenten dennoch an kreativen und innovativen Startups mitwirken können, ohne gleich deren finanzielle Situation ins wanken zu bringen zu bedeuten.
Eine Möglichkeit ist, dass der Mindestlohn bei einem freiwilligen Dreimonatspraktikum entfällt. Bei einer Praktikumsdauer von mehr als drei Monaten muss der Mindestlohn bezahlt werden. Dieses Dreimonatspraktikum lässt sich jedoch auf eine Art und Weise erweitern wie Rechtsanwalt Krösch meint: „in Kombination mit einem Pflichtpraktikum im Anschluss oder vor dem freiwilligen Praktikum kann die Anstellungszeit ausgedehnt werden. Die Dauer des Pflichtpraktikums ist jedoch abhängig von der jeweiligen Studienordnung eines jeden Studenten.“
Eine weitere Alternative ist, dass Studenten als Freiberufler für die jeweiligen Arbeitgeber agieren. Dazu muss der Student einen Gewerbeschein beantragen. Diese Möglichkeit ist empfehlenswert, wenn ein Student ein GapYear plant und bei mehreren Unternehmen in dieser Zeit unterkommen möchte. Jedoch müssen bei dieser Form der Anstellung bestimmte Rahmenbedingungen beachtet werden. „Sollte ein Student als selbstständiger Auftragnehmer ausschließlich für ein Unternehmen arbeiten, besteht die Gefahr einer Scheinselbständigkeit, die für das Unternehmen eine Vielzahl von nachteiligen rechtlichen Folgen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen bedeuten können.“ so Krösch.
Damit es zu keiner Scheinselbstständigkeit kommt, müssen Unternehmen jeden Einzelfall sehr genau prüfen. Folgende Kriterien können auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten:
• Der Freiberufler beschäftigt im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit keinen versicherungspflichtigen
Arbeitnehmer.
• Er ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig.
• Das Unternehmen oder ein vergleichbares Unternehmen lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten.
• Die Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handel nicht erkennen.
• Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung sind in erster Linie eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Somit bleiben jungen aufstrebenden, jedoch nicht finanzstarken Unternehmen nicht viele Möglichkeiten Praktikanten zu moderaten „Preisen“ anzustellen. Das Gesetz lässt den Unternehmen nicht viel Spielraum. Auf der einen Seite ist dies gut, denn Arbeitnehmer können somit nicht mehr zu Dumpinglöhnen ausgenutzt werden – ein großer Vorteil des flächendeckenden Mindestlohns.
Für Studenten und junge Unternehmen hat diese Maßnahme jedoch sehr negative Auswirkungen. Die Stellen für Praktika bei Startups und im Mittelstand werden sinken. Es fehlt an praktischer Erfahrung während des Studiums. Startups werden ausgebremst und Studenten werden wohl künftig mit stärkerem Theorieanteil ins Berufsleben starten und können dann erst herausfinden, was Ihnen wirklich Spaß macht. Es bleibt zu hoffen, dass an diesem Teil des Gesetzes nachgebessert wird.
Autoren
Paul Rentsch, E-Mail: p.rentsch@kernaussagen.de, Tel.: +49 351 307 077 18
Rechtsanwalt Christian Krösch, slk Rechtanwälte, E-Mail: kroesch@slk-rechtsanwaelte.de, Tel.: +49 351 563 406 70
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ein sehr informativer Artikel, aber letztendlich wird die Zeit zeigen, wie sich das ganze tatsächlich auf die Praktikanten auswirkt. Ich jedenfalls bin sehr gespannt und werde das Thema weiterhin mit Interesse verfolgen.
Weitere Informationen und ein kostenloses E-Book zum Thema gibt es auf http://www.anwaltarbeitsrecht.com/.