Alternative Finanzierungsformen: Factoring

Viele Unternehmer kennen sich im Bereich der Finanzierungsformen nicht gut aus und nutzen daher nicht alle Möglichkeiten bzw. greifen auf teure Alternativen zurück. Wir möchten euch daher mit dieser Artikelreihe zu diesem Thema verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten außerhalb vom klassischen Darlehen und dem Kontokorrent vorstellen.

Wir geben in diesen Artikeln keine Empfehlung für oder gegen eine Finanzierungsform. Um festzustellen, welche Alternative für das eigene Unternehmen die richtige ist, müssen verschiedene Voraussetzungen geprüft werden. Somit lässt sich also keine pauschale Aussage zur Umsetzbarkeit oder Vorteilhaftigkeit einer Finanzierungsform treffen.

Quelle: Procunia GmbH

Das Factoring

Wir mussten häufig feststellen, dass die Abgrenzung zwischen Factoring und Einkauffinanzierung nicht klar ist. Daher werden wir in dem ersten Artikel dieser Reihe  das Factoring, im nächsten die Einkauffinanzierung und im Anschluss Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Voraussetzungen erläutern.

Die Beispiel GmbH unterschreibt mit einer Factoringgesellschaft einen Rahmenvertrag über den fortlaufenden vollständigen oder teilweisen Verkauf seiner Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Innerhalb einer bestimmten Frist (in der Regel 24 Stunden) und einer vorher festgelegten Quote (80% bis 90%) wird der Bruttorechnungsbetrag von der Factoringgesellschaft an die Beispiel GmbH ausgezahlt.

Verkauft die Beispiel GmbH nun Waren im Wert von 50.000€ an einen Kunden und hat im Rahmenvertrag eine Quote von 80% verhandelt, läuft der Prozess wie folgt ab:

1. Die Beispiel GmbH schickt dem Kunden eine Bruttorechnung über 50.000€ und einem Zahlungsziel von 15 Tagen. Gleichzeitig erhält die Factoringgesellschaft eine Kopie der Bruttorechnung und eventuell nötige Unterlagen für eine Bonitätsprüfung des Kunden.
2. Akzeptiert die Factoringgesellschaft den Kauf der Forderung, überweist sie innerhalb von 24h 80% des Rechnungsbetrages, also 40.000€ an die Beispiel GmbH.
3. Der Kunde hat trotzdem 14 Tage Zeit die Rechnung zu begleichen, wobei die Zahlung an die Factoringgesellschaft geht. Sobald die Zahlung eintrifft, wird die Rest-Summe von 10.000€ (50.000€ Bruttorechnungssumme – 40.000€ die bereits gezahlt wurden) von der Factoringgesellschaft an die Beispiel GmbH gezahlt.
4. Zum Abschluss stellt die Factoringgesellschaft der Beispiel GmbH eine Rechnung für die erbrachte Finanzierungsleistung.

Welche Formen von Factoring gibt es?

Offenes Factoring: die Rechnungen enthalten den Vermerk, dass diese an eine Factoringgesellschaft verkauft wurde (in Deutschland am häufigsten verwendete Form)

Stilles Factoring: kein Hinweis auf der Rechnung, der Kunde weiß nicht, dass eine Factoringgesellschaft involviert ist

Echtes Factoring: Factor übernimmt das Ausfallrisiko (also wenn der Kunde die Rechnung nicht bezahlt)

Unechtes Factoring: Ausfallrisiko verbleibt beim Unternehmen (die geleisteten Zahlungen durch die Factoringgesellschaft müssen bei Zahlungsausfall durch den Kunden erstattet werden)

Full Service Factoring: es werden alle Dienstleistungsmerkmale des Factoring angeboten (Zuführung Liquidität, Forderungsausfallschutz und Debitorenmanagement sowie Mahn- und Inkassowesen)

Inhouse Factoring: nur Zuführung Liquidität und Forderungsausfallschutz, Mahnwesen etc. müssen weiterhin von der Beispiel GmbH selbst erfolgen

Selektives Factoring: nur Verkauf von vorher festgelegten Forderungen, also einer Teilmenge der Rechnungen

Welche Vorteile bietet die Nutzung eines Factorings?

• Optimierung der Liquiditätsplanung, da nun für einen Großteil der Rechnungsbeträge (abhängig von der vereinbarten Quote) die Zahlungseingänge genau geplant werden können
• Den Kunden können großzügigere Zahlungsziele eingeräumt werden
• Schutz vor einem Forderungsausfall, wenn Factor das Ausfallrisiko übernimmt
• Durch die Übernahme des Forderungsmanagements inkl. des Mahn- und Inkassowesens durch den Factor kann eine administrative Entlastung insbesondere in mittelständischen Unternehmen möglich sein
• Schonung/ Erweiterung der bestehenden Banklinien
• Nutzen von Skonti und Rabatten im Einkauf durch Freisetzung zuvor gebundener Liquidität
• Wird die frei gewordene Liquidität zur Tilgung von Verbindlichkeiten genutzt, so kann dies zu besseren Bilanzkennzahlen führen (Eigenkapitalquote)
• Bilanzverkürzung wird erreicht, da nur nicht bevorschusste Restbeträge angegeben werden müssen. (Verbesserung der Bonität)

Welche Nachteile sind bei der Nutzung eines Factorings zu berücksichtigen?

• Kosten:
  • umsatzabhängiges Entgelt (zwischen 0,6 und 2,5 Prozent vom angekauften Forderungsbestand, also der Bruttorechnung) sowie vom geschätzten Risiko und Arbeitsaufwand abhängig.
  • Pauschale für eventuelle Bonitätsprüfungen
  • Zinsen für die bereitgestellte Liquidität
• Factoring ist nicht für alle Branchen geeignet:
  • Forderungen können nur vom Factor übernommen werden, wenn sich diese genau definieren lassen (z.B.: Projektaufträge lassen sich nicht durch Factoring absichern)
  • Ebenso wenig sichert ein Factor Forderungen gegen Privatkunden ab
  • Factoring ist nicht immer Option für Anzahlungen oder Teilzahlungen
• Langfristige Bindung an eine Factoringgesellschaft (mindestens 1 Jahr; üblich sind 2 Jahre)
• Meist ist der volle Forderungsbestand einzubringen (bedeutet, das Unternehmen kann nicht selbst selektieren, welche Rechnungen ins Factoring gehen oder nicht)
• Der Verkauf von Forderungen kann durch den Kunden negativ beurteilt werden

Fazit

Factoring ist eine alternative Finanzierungsform durch den Verkauf von Forderungen an einen Dritten (Factoringgesellschaft). Dem Unternehmen fließen die liquiden Mittel in der Regel schneller zu, als ohne die Nutzung eines Factorings, gleichzeitig fallen für die Leistung jedoch Kosten an.

Es darf nicht vergessen werden, dass Factoring auch Nachteile mit sich bringt. Inwiefern ein Factoring für das eigene Unternehmen sinnvoll ist und umgesetzt werden kann, muss unter Umständen mit einem spezialisierten Berater geklärt werden. Zudem gibt es eine Reihe von Anbietern, sodass ein Vergleich von Angeboten zu empfehlen ist.