Die Gewinnermittlung ist ein wichtiger Teil eines jeden Unternehmens, um zu sehen, wie erfolgreich das Geschäftsjahr verlaufen ist. Außerdem dient sie dem Finanzamt zur Steuerermittlung. Für die Durchführung der Gewinnermittlung existieren zwei Methoden. Eine dieser Methoden ist die Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Besonderheiten der sogenannten „EÜR“ möchten wir in diesem Artikel aufzeigen.
Wann kann ich eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung machen?
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung kann zur Gewinnermittlung bei Freiberuflern und unter Einhaltung von bestimmten Grenzen auch bei gewerblichen Unternehmen in Betracht kommen. Freiberufler dürfen stets ihren Gewinn mit dieser Variante ermitteln, unabhängig von Umsatz und Gewinn. Unter Freiberuflern versteht man Selbstständige im wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Bereich, zum Beispiel Ärzte, Architekten oder Fotografen. Bei Unternehmen sind der Gewinn und der Umsatz zu prüfen. Unternehmen, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, können bis zu einer Gewinngrenze von 50.000€ und einer Umsatzgrenze von 500.000€ im Jahr auf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung zurückgreifen. Werden jedoch beide Grenzen überschritten, muss eine Bilanz aufgestellt werden.
Beispiel: Ein selbstständiger Handwerkermeister mit einem Umsatz in Höhe von 650.000€ und einem Gewinn von 38.000€ im Geschäftsjahr kann die EÜR zur Gewinnermittlung nutzen.
Wie gehe ich dabei vor?
Grundlegend gilt bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung das Zu-und Abflussprinzip. Das bedeutet, die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben sind in dem Monat zu buchen, in welchem sie zu- bzw. abgeflossen sind. Es ist also erst einmal egal zu welchem Zeitpunkt ich eine Rechnung stelle oder erhalte, nur der Zeitpunkt, zu dem ich eine Überweisung tätige oder einen Geldeingang von meinem Kunden feststelle, ist relevant.
Wer eine Finanzplanung aufstellt und sich bei der Gewinnermittlung für eine EÜR entscheidet, bei dem gilt grundsätzlich, dass der Ergebnisplan auch dem Liquiditätsplan entspricht. Es gibt jedoch Ausnahmen, die beachtet werden müssen.
Ausnahme: Wiederkehrende Buchungen
Die erste Ausnahme ist in wiederkehrenden Betriebseinnahmen und -ausgaben zu sehen. Dort fallen der Zu- bzw. Abfluss und die Buchung der Betriebseinnahmen- bzw. ausgaben zeitlich auseinander. Anhand eines Beispiels möchten wir dies noch einmal verdeutlichen:
Die Mietzahlungen erfolgen jeweils am 2. des Folgemonats für den aktuellen Monat mittels SEPA-Lastschrift. Da es sich bei Mietzahlungen um wiederkehrende Ausgaben handelt, muss zunächst geprüft werden, ob die Zahlung innerhalb von 10 Tagen nach dem Stichtag zum Jahresabschluss (31.12) geleistet wird. In diesem Fall kann dies bejaht werden, sodass die Mietzahlung für Dezember entgegen des Zu- und Abflussprinzips noch im Dezember als Verbindlichkeit gebucht werden muss! Der Ergebnis- und der Liquiditätsplan fallen demnach auseinander, da die Kosten im Dezember, der Geldabfluss jedoch erst im Januar gebucht wird. Dies hat zur Folge, dass durch diese Buchung der Gewinn im alten Jahr geringer ausfällt und demnach weniger Steuern zu zahlen sind.
Ausnahme: langfristige Schuldverhältnisse
Eine weitere Ausnahme tritt bei langfristigen Schuldverhältnissen auf. Werden Ausgaben für ein langfristiges Schuldverhältnis (z.B. Mietvertrag) von mehr als 5 Jahren im Voraus geleistet, so sind diese gleichmäßig auf den Zeitraum zu verteilen. Im Gegensatz dazu können die Einnahmen aus einem langfristigen Schuldverhältnis von mehr als 5 Jahren gleichmäßig auf den Zeitraum verteilt werden.
Zum Beispiel: Ein Handwerker hat mit seinem Kunden einen Wartungsvertrag über 10 Jahre geschlossen. Der Kunde zahlt den gesamten Betrag im Voraus am 1. Januar. Der Handwerker hat jetzt zwei Möglichkeiten:
- Buchung des gesamten Betrags im aktuellen Jahr
- Buchung von einem Zehntel des Betrags im aktuellen Jahr und den Rest als passiven Rechnungsabgrenzungsposten
Auch die Besonderheiten bei langfristigen Schuldverhältnissen müssen bei der EÜR beachtet werden, da in diesem Fall die Buchung als Betriebsausgabe und der Geldabfluss zeitlich auseinanderfallen, somit ist der Ergebnisplan ungleich dem Liquiditätsplan.
Ausnahme: Abschreibungen
Bei Abschreibungen gilt bei der EÜR das Gleiche wie bei der Bilanzierung. Die Liquidität wird beim Kauf der Investition (z.B. eines Notebooks) fällig und nur der Abnutzungsbetrag wird jedes Jahr über die Nutzungsdauer bei der steuerlichen Betrachtung angesetzt.
Fazit:
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist die simpelste der Gewinnermittlungsmethoden. Dennoch müssen die genannten Ausnahmen beachtet werden, damit es letztendlich nicht zu Komplikationen mit dem Finanzamt kommt.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich habe eine Frage zur EÜR, muß ich als nicht bilanzierender Unternehmer ein WE-Buch führen ?
Hallo Herr Goudschmidt,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ja, während buchführungspflichtige Unternehmer den Wareneingang im Rahmen ihrer Buchführung aufzeichnen, erfüllen nicht buchführungspflichtige Unternehmer (EÜR) diese Verpflichtung im allgemeinen durch Führung eines besonderen Wareneingangsbuches.
Genauere Informationen können Sie von Ihrem Steuerberater erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Das Team der Kernaussagen GmbH